12. August 2017

Erweiterte Berücksichtigung "außergewöhnlicher Belastungen"

 

Nach einem neuen BFH-Urteil können Steuerpflichtige sogenannte außergewöhnliche Belastungen weiter gehend als bisher steuerlich geltend machen. Außergewöhnliche Belastungen sind z.B. Krankheitskosten, Pflegekosten und Unterhaltszahlungen an bedürftige Personen.

 
I. Grundsätzliche Berücksichtigung von außergewöhnlichen Belastungen


Außergewöhnliche Belastungen dürfen im Rahmen der Steuererklärung nur dann geltend gemacht werden, wenn der Steuerpflichtige mit überdurchschnittlich hohen Aufwendungen belastet ist. Bis zu einer bestimmten Grenze der Zumutbarkeit („zumutbare Belastung“ gemäß Ansicht der Finanzverwaltung) müssen die Kosten für Krankheit, Pflege und andere außergewöhnliche Belastungen selber getragen werden und finden keine steuerliche Berücksichtigung. Was im Einzelfall die „zumutbare Belastung“ darstellt, wird in drei Stufen nach einem bestimmten Prozentsatz des Gesamtbetrags der Einkünfte bemessen. Demnach wirken sich außergewöhnliche Belastungen nicht oder umso weniger aus, je höher der Gesamtbetrag der Einkünfte ist. Zudem hängt die zumutbare Belastung noch vom Familienstand und der Anzahl der Kinder ab.

 

Die Berechnung der zumutbaren Belastung ermittelt sich wie folgt:

 

Höhe der Einkünfte (Gesamtbetrag)                              bis 15.340 €               über 15.340 € bis 51.130 €             über 51.130 €

Keine Kinder und Anwendung Grundtabelle                         5 %                                         6 %                                         7 %

Keine Kinder und Anwendung Splittingtarif                          4 %                                         5 %                                         6 %

Ein oder zwei Kinder                                                                 2 %                                          3 %                                        4 %

Drei oder mehr Kinder                                                              1 %                                          2 %                                        2 %

 

                 

 II. Änderung der Berechnung zugunsten des Steuerpflichten gemäß BFH-Urteil


Bislang wird die zumutbare Belastung bei Überschreiten einer der dargestellten Stufen unter Zugrundelegung des Prozentsatzes der höheren Stufe berechnet. Der BFH ist bis zu seinem Urteil vom 19.01.2017 der Verwaltungsauffassung gefolgt. Mit diesem Urteil hat der BFH jedoch entschieden, dass die Regelung zu den außergewöhnlichen Belastungen so zu verstehen sei, dass die bei den außergewöhnlichen Belastungen zu berücksichtigende zumutbare Belastung stufenweise zu berechnen ist.

Dies bedeutet, dass die Berechnung des absetzbaren Betrages zukünftig deutlich zugunsten des Steuerpflichtigen erfolgt. Bei der Berechnung der zumutbaren Belastung wird nun nur noch der Teil des Gesamtbetrags der Einkünfte mit dem höheren Prozentsatz belastet, der die jeweilige Stufe übersteigt.

Durch diese stufenweise Berechnung ist insgesamt eine niedrigere zumutbare Belastung von den geltend gemachten außergewöhnlichen Belastungen abzuziehen. Damit kann diese Berechnung auf der Grundlage des BFH-Urteils zu einem höheren steuerlichen Abzug der außergewöhnlichen Belastungen führen, was letztlich eine niedrigere steuerliche Belastung zur Folge hat.

 

III. Anwendung der neuen Berechnungsweise


Gemäß einer Pressemitteilung des BMF vom 1.6.2017 soll die geänderte Berechnungsweise möglichst bereits im Rahmen der automatisierten Erstellung der Einkommensteuerbescheide Berücksichtigung finden. Es empfiehlt sich zu prüfen, ob ggf. Einspruch gegen einen aktuellen Einkommensteuerbescheid einzulegen ist.

 

Für mehr Informationen zur Berücksichtigung außergewöhnlicher Kosten, wie z.B. Krankheitskosten oder Pflegekosten, nehmen Sie gerne Kontakt zu uns auf.